Veranstaltung: | Landesdelegiertenrat MV 26.03.2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Aktuelle Debatte |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 17, Nein: 4, Enthaltungen: 2 |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenrat |
Beschlossen am: | 26.03.2022 |
Eingereicht: | 31.03.2022, 14:33 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Europa sicherer machen
Beschlusstext
Wir stehen solidarisch an der Seite der Bürger*innen der Ukraine. Der
mutwillige, völkerrechtswidrige und unentschuldbare russische Angriffskrieg ist
entsetzlich. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, die dieser Angriffskrieg
bereits gefordert hat und ihren Angehörigen.
Putins Krieg gegen die Ukraine ist ein Angriff auf Frieden, Demokratie und
Freiheit in Europa. Die Bundesregierung hat mit aller diplomatischer Kraft
versucht, diese Eskalation zu verhindern. Alle denkbaren nicht-militärischen und
präventiven Versuche wurden unternommen, unzählige Gespräche und persönliche
Besuche haben stattgefunden. Am Ende war es Putin, der die Gespräche abgebrochen
hat und mit seinem Einmarsch gewalttätig Fakten schafft.
Mit diesem Angriff hat sich die europäische Sicherheitslage grundlegend
verändert. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nicht verhandelbar, dass jedes Land ein
Recht auf vollständige außenpolitische Souveränität und ein unabdingbares Recht
auf Selbstverteidigung hat. Deutschland unterstützt die Ukraine daher nicht mehr
nur humanitär, sondern auch bei der Ausstattung mit dringend gewünschtem
Material, darunter Panzerabwehrwaffen und Boden-Luft-Raketen aus Beständen der
Bundeswehr. Diese Unterstützung ist richtig.
Der Landesverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MV fordert fortwährende politische,
wirtschaftliche, finanzielle und humanitäre Unterstützungsmaßnahmen für die
Ukraine.
Gleichzeitig gilt unsere Solidarität und Unterstützung auch den mutigen Menschen
der russischen Zivilgesellschaft, die Frieden fordern und sich offen oder subtil
gegen die Politik der russischen Regierung stellen und dafür verfolgt werden.
Gerade jetzt ist es wichtig zu signalisieren, dass wir all diese Menschen mit
offenen Armen begrüßen und ihnen Zuflucht vor der rücksichtslosen und brutalen
Verfolgung des Putin-Regimes gewähren.
Darüber hinaus heißen wir all jene willkommen, die desertieren oder den
Wehrdienst verweigern. Es ist keine Schande, sondern menschlich, vor Krieg zu
flüchten.
Putin hat nicht nur die Ukraine angegriffen, sondern auch die europäische
Sicherheitsarchitektur der Nachkriegszeit. Wiederholt verschiebt der russische
Präsident gewaltsam Grenzen in Europa. Im Zusammenhang mit dem Angriff auf die
Ukraine überzog Putin mehrere ost- und nordeuropäische Staaten mit
weitreichenden Drohungen.
Wir sind solidarisch mit unseren osteuropäischen NATO- und EU-Partnern und
tragen ihrem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis durch konkrete Maßnahmen im Rahmen
dieser Bündnisse Rechnung. Hierzu zählt unter anderem die Verstärkung ziviler
und militärischer Präsenz in den osteuropäischen Partnerstaaten.
Der Frieden in Europa ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Das hat Folgen für
uns in Deutschland und in der EU. Wir sind somit gezwungen, unsere deutsche und
europäische Außenpolitik zu diskutieren, um sie den neuen Realitäten anzupassen.
Als Partei, deren Wurzeln auch in der Friedensbewegung liegen, streben wir eine
Welt an, in der ab- und nicht aufgerüstet wird. Doch wir blicken nicht blind in
diese Welt.
Der Angriffskrieg auf die Ukraine macht deutlich, dass wir signifikant in unsere
Sicherheit investieren müssen. Die Grundlage hierfür muss ein umfassendes
Sicherheitsverständnis sein, das Resilienz und Krisenfähigkeit mit militärischen
Fähigkeiten gemeinsam betrachtet.
Zurzeit wird deutlich, wie sehr die Bundeswehr unter dem jahrzehntelangen
Missmanagement im Beschaffungswesen und im Verteidigungsministerium gelitten
hat. Sie verfügt nicht über genügend Material, um sich voll handlungsfähig zu
zeigen. Eine angemessene Ausstattung, z.B. mit Schutzausrüstung und Munition zur
Gewährleistung der grundlegenden Verteidigungsfähigkeiten, sind überfällig.
Deshalb begrüßen wir die aktuellen Bemühungen, Ausrüstungs- und Fähigkeitslücken
zu schließen. Gleichzeitig muss das Beschaffungswesen dringend reformiert
werden, damit investiertes Geld auch wirklich zu mehr Sicherheit führt.
Es liegt auf der Hand, dass eine Verbesserung der Ausrüstung und Ausstattung in
enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnerländern erfolgen muss. Ausgaben
müssen im europäischen Verbund besser miteinander abgestimmt werden, um in der
gesamteuropäischen Verteidigung Lücken zu schließen und unnötige Doppelausgaben
zu vermeiden.
Wir müssen uns als BÜNDNISGRÜNE zudem einer neuen Diskussion um die gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik der EU stellen.
Gleichzeitig ändert eine besser ausgestattete Bundeswehr für uns nichts am
Primat der zivilen Außenpolitik und Krisenvorsorge. Daher müssen Diplomatie,
humanitäre Hilfe, zivile Krisenprävention, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz
ebenfalls gleichberechtigt gestärkt werden. Auch die Cybersicherheit werden wir
viel stärker in den Blick nehmen müssen. Bereits in der Vergangenheit haben
Hackerangriffe hierzulande gezeigt, dass unsere Fähigkeiten in der Abwehr von
Cyberattacken ungenügend sind.
Investitionen in die energiepolitische Unabhängigkeit bedeuten immer auch einen
Gewinn an Sicherheit. Die Energiewende stärkt unsere Position und muss so
schnell wie möglich vorangetrieben werden. Russlands Deviseneinnahmen aus dem
Export fossiler Rohstoffe haben die russische Aufrüstung mit ermöglicht und
finanzieren einen relevanten Anteil des Krieges gegen die Ukraine.
Die Energiepolitik der Großen Koalition war fehlgeleitet und führte unter
anderem zu der heute sichtbaren Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus
Russland. Die neue Bundesregierung bringt nun zielgerichtete Maßnahmen auf den
Weg, um so schnell wie möglich von Kohle, Öl, Gas wegzukommen und den Verbrauch
schnell zu reduzieren. Energiesouveränität ist eine Frage der nationalen
Sicherheit. Sie braucht eine nationale und europäische Kraftanstrengung. Auch
auf Landesebene muss jetzt endlich die Handbremse bei den Erneuerbaren Energien
gelöst werden. Mit zwei Prozent unserer Landesfläche für die Windkraft und einem
Prozent für Solarenergie können wir innerhalb kürzester Zeit 100 Prozent
Erneuerbare Energien in unserem Land realisieren.
Die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen Wochen
Beachtliches geleistet, um die geflüchteten Menschen aus der Ukraine willkommen
zu heißen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN danken allen haupt- und ehrenamtlich in der
Hilfe engagierten Menschen. Jetzt gilt es, schnellstmöglich die Landesstrukturen
für die Geflüchtetenaufnahme und Integration umfassend auszubauen.